Norwegens Regierung hat die Bevölkerung vor der Sommersaison dazu aufgerufen, wegen der Pandemie in diesem Jahr nicht ins Ausland zu fahren, sondern den Urlaub in Norwegen zu verbringen. Ganz offensichtlich ist ein Großteil der Norweger diesem Aufruf gefolgt und hat die touristischen Hotspots des Landes in einem Maß bevölkert wie sonst nur ausländische Reisende. Dass sie sich dabei auch genau so „touristisch“ benommen haben – wildes Zelten am Straßenrand, Übernachten im Wohnmobil an dafür nicht zugelassenen Stellen, Hinterlassen von Müllbergen in der Natur – wurde von der Bevölkerung vor Ort mit Erstaunen und Missbilligung zur Kenntnis genommen.
Überrascht waren denn auch die Hilfsorganisationen, die Touristen aus Notsituationen in der Natur retten (müssen).
Zahlen des norwegischen Roten Kreuzes zeigen, dass sich vom Mai bis Mitte August (also in einer Zeit, in der kaum ausländische Feriengäste ins Land gekommen sind) die Rettungseinsätze der freiwilligen Helfergruppen im Gebirge und auf See um 20% gegenüber dem Vorjahr erhöht haben.
Die Gebiete Møre og Romsdal und Hordaland waren Schwerpunkte solcher Einsätze. Ein Helfer wird zitiert mit den Worten „Leute, die sonst nach Süden fahren und sich in die Sonne legen, sind heuer zum Wandern ins Gebirge gegangen. Möglicherweise kennen sie nicht ganz so gut ihre körperlichen Grenzen.“ Vielleicht trat aber auch das „Severin-Souverän-Syndrom“* zu Tage – die Überzeugung, sich im eigenen Land ja auszukennen und keine besonderen Vorbereitungen für eine Tour treffen zu müssen.
* „Severin Suveren” steht für eine übermütige Person, die sich in ihren Kenntnissen und Fähigkeiten überschätzt.
Der Name kommt von eine TV-Kampagne aus dem Jahr 1989 zum Verhalten im Gebirge, in der sich „Severin Suveren“ ohne die Verhaltensregeln im Gebirge zu beachten allen möglichen Gefahren ausgesetzt und das Ganze hinterher einfach unglücklichen Umständen zugeschrieben hat.